Tattoo Convention – wie es so war

Ja. Schön war es. Anstrengend. Unglaublich viele Eindrücke.

 

Morgens bin ich los. In Frankfurt erstmal den Weg gesucht, prompt verlaufen, aber war nicht so arg. Angemeldet – ab 80% Schwerbehinderung kostenloser Eintritt, sowas finde ich natürlich immer klasse. Der übliche irritierte Blick – Krüppelstärke auf dem Niveau und dabei nicht sichtbar gibt es recht selten. Aber keine Fragen, trotz neuen Scheins, sehr freundlich.

Innen: unglaublich viel. So viele Leute, Musik, Bilder, Farben… Habe mich voran gearbeitet. Viele Sachen, die mir sehr gut gefallen haben, andere wiederum gar nicht. Zum Glück praktisch nichts in Richtung Manga, das kann ich einfach nicht ausstehen.

Anstrengend war es dennoch, all die Eindrücke, dazu Rucksack. Hatte meine Haltercorsage nicht angezogen gehabt, wegen dem Zug, wäre aber vielleicht besser gewesen. Heftig war es aber primär für mein Hirn. Bzw was davon noch so übrig ist. ^^ Ich bin es einfach nicht mehr gewohnt, so viele Eindrücke gleichzeitig so lange zu verarbeiten. Habe schon eine recht großzügige Dosis Tilidin verwendet, aber nach insgesamt 5, 6 Stunden musste ich gehen, das war schon ein wenig zu lange. Aber da war ich einfach nicht mehr fähig, irgendwelche Infos kognitiv zu verarbeiten, da ist irgendwann nur noch alles an mir vorbei…

Hat mich auch nachdenklich gemacht. Gerade bei dem Thema Tätowierung ist die Zeit oft ein Punkt der Diskussion. Von der Dauerhaftigkeit des Kunstwerkes über die Fehler der Vergangenheit bis hin zur Wartezeit zum nächsten Termin. Hat mich ein wenig runter gezogen. Habe noch eine Tätowierung im Kopf, die mir wirklich wichtig ist und noch ein paar Gedanken, die ich irgendwann gerne in Farbe hätte. Aber ich weiß nicht, ob das noch klappt. So viele Faktoren, die ich dabei bedenken muss. Wann passen die Blutwerte? Habe ich genug gespart? Eine größere Tätowierung kommt locker in den vierstelligen Bereich – wenn man monatlich einen dreistelligen als Gesamtvermögen hat, ist das nicht unbedingt so einfach. Während der aktiven Chemo ist es auch nicht so prickelnd, gestochen zu werden. Bei meiner Chemo zwar durchaus machbar, aber nicht gerade angenehm. Da spürt man einen Stich nicht nur an der Stelle, sondern in einem Umkreis von bis zu 20cm. Und hält dementsprechend nicht so lange durch. Naja, und wenn die Blutwerte zu schlecht sind, ist es auch einfach zu riskant, zwecks Entzündung etc.

Aber am meisten frustrieren mich die Wartezeiten. Das ist normal und nicht anders machbar, kein Tätowierer kann größere Sachen mal spontan nebenbei machen. Dennoch: es ist nicht mal drei Wochen her, dass ich noch nicht wusste, ob ich die Kombi Bestrahlung + stärkere Chemo bekomme. Alle drei Monate derselbe Scheiß, alle 3 Monate MRT, alle 3 Monate nicht wissen, ob man danach Zeit hat und Dinge planen kann oder nicht. Daran gewöhnt man sich; die Zeitstruktur ist verschoben und das ist okay. Nur: nicht für den Rest der Welt.

Das ist, was mich nachdenklich gemacht hat. Weniger die Vergänglichkeit an sich, denn mit der hatte ich sehr selten Probleme. Eher diese Verdeutlichung, wie anders es für ‚uns‘ ist, was ‚uns‘ von den ‚anderen‘ unterscheidet. Da ist man in einer Halle mit so unglaublich vielen Leuten, mit denen man eine Leidenschaft teilt – und dennoch alleine.

Und so weiß ich wieder nicht, ob es überhaupt klappen wird. Realistisch betrachtet ist es wohl nichts, worauf ich zu sehr hoffen sollte…

4 Kommentare zu “Tattoo Convention – wie es so war

  1. Joyo sagt:

    Gesellschaft und Norm ist scheiße. Ist so zerstörend.
    Nur für sich sind (fast) alle Dinge okay, kann man sich mit (fast) allem arrangieren.
    Aber der Rest der Welt.

    Ich wünsch dir, dass sich Dinge ergeben, wie sie es sollen und wie es gut tut.

  2. wupperwasser sagt:

    Ich wünsche dir, dass das hier ein begabter Hautkünstler liest und sich vielleicht darauf einlässt, an einem Tag, der DIR passt, ein grandioses Werk auf deine Haut zu zaubern.
    Muss doch möglich sein, mal spontan Überstunden zu machen… Du gehörst doch dazu!
    Denk an dich!
    S.

    • Chaoskatze sagt:

      Danke!
      @Joyo: ja…. Daran merkt man aber auch, wie sehr man in den Durchschnitt passt – und wie tolerant man ist, ohne, dass einem alles egal ist…
      @wupperwasser: Naja, das ist schwierig. Dazu gehören? Tätowierungen gehören inzwischen ja zur Normalität. Klar ist es noch ein Unterschied, wie groß, wie sichtbar, was… Aber dennoch – es gibt überall genug Kunden. Sicher auch genug Tätowierer, die aber wiederum unterschiedlich viel Erfahrung haben, unterschiedliche Stile und natürlich auch unterschiedliche Preise. Was man auch ganz gut an den Wartezeiten sehen kann. Manche sind einfach so übertrieben teuer, dass ich dankend verzichte. Andere haben den falschen Job ausgesucht. Wieder andere sind vielleicht gut, aber vom Stil her gar nicht mein Ding. Und Sympathie spielt meiner Meinung nach auch eine Rolle.
      Warum sollte da ein fremder Mensch einfach so stundenlange Arbeit an einer Unbekannten anwenden? Sicher wäre es schön. Aber dass solche Dinge eher selten geschehen, ist nichts Neues – so sind die Menschen eben…

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